Nepal 2001 - 23 extreme Tage Khumbu und Kathmandu


 

11. Oktober bis 3. November 2001

 

"Anreise"

 

Natürlich überschatteten die Ereignisse des 11. September 2001 auch unseren geplanten Nepal-Trekkingurlaub. Schließlich mussten wir das Krisengebiet um Afghanistan irgendwie passieren. Ungetrübte Vorfreude, wie sonst bei derlei Anlässen, wollte sich einfach nicht einstellen. Zwei Wochen vorher, im August, als auf dem Königlich Nepalesischen Konsulat in München die Visa in die Pässe gestempelt wurden, war das noch anders. Erst wenige Tage vor der Abreise gelang es mir, die Belastung durch das Weltgeschehen einigermaßen abzuwerfen.

Mein Visum für Nepal

 

Eines der grünen Monster des DAV Summit Clubs

Statt der bisher geforderten zwei, müssen wir bereits drei Stunden vor Abflug zum Check In. Die Welt ist nicht mehr ganz dieselbe, wie vor dem 11. September 2001. Im Zentralbereich des Münchner Flughafens brauchen wir nicht lange nach den richtigen Schaltern zu suchen. Einfach dort anstellen, wo die vielen grellgrünen DAV-Summit-Club-Seesäcke und -Reisetaschen die Anwesenheit hunderter Trekker signalisieren. Einchecken und Flug über Nacht, mit Zwischenlandung in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate), verlaufen ohne jede erkennbare Abweichung von der Routine. So landet Condor DE 4368 am Freitagvormittag in Kathmandu mit ziemlich müden Passagieren an Bord.

 

Die Welt ist ein Dorf! Nach dem Aussteigen, auf dem Weg über das Rollfeld zur Empfangshalle des Flugplatzes, sieht Ines einen Bekannten. Apotheker ist er, aus Augsburg. Einige Male bezog sie schon Medikamente für unseren Hund aus seinem Angebot. Während der paar Minuten gemeinsamen Weges werden die geplanten Ziele ausgetauscht. Er will mit dem DAV Summit Club ins Königreich Mustang, eines der entlegendsten Gebiete Nepals. Drei Wochen später, beim Rückflug, werden wir ihn gesund und munter wieder treffen.

 

Nach Einreiseformalitäten - es lebe die Bürokratie! - und Gepäckausgabe empfängt uns quirliges Asien. Die nach dem Zollbeamten ersten Nepalesen wollen mit dem Tragen der Trekkingsäcke verdienen und schaffen das auch. Ich bin viel zu ausgelaugt, um mich gegen die im „Erobern“ von Gepäckstücken gewieften Nepalesen zu wehren. Mangels Rupien geben sie sich auch mit DM-Münzen zufrieden. So erreichen wir den Bus zum Hotel, vor dem sich unser Guide für die nächsten drei Wochen zu erkennen gibt. Er heißt „Tej“ und wir stehen auf seiner Liste.

 

Endlich ist die Truppe komplett und eingestiegen, setzt sich der Bus in Bewegung. Müdigkeit dämpft verständliche Aufregung. Dennoch sind die primären Eindrücke bei der Fahrt ins Hotel überwältigend. Im dunstgefilterten Sonnenlicht dieses Morgens entdecke ich jede Menge farbenfrohe, verdreckte, scheinbar chaotische Unvollkommenheit in allen Dingen und allerorten. Mein auf mitteleuropäische Zivilisation und Hygienevorstellungen „geeichtes“ Weltbild und Wertesystem lässt mich jetzt noch so empfinden. Die meisten Blicke ziehen natürlich die exotisch aussehenden Menschen auf sich. Die Fahrt dauert über eine halbe Stunde und scheint im zivilisatorischen Nichts zu enden. Zuletzt gibt es noch nicht mal mehr eine richtige, das heißt asphaltierte Straße. Auf staubiger Piste quält sich der Bus durch einen Vorort Kathmandus. Oder ist es ein eigenständiges Dorf? Dann die Überraschung: Ein wunderschönes, an den Hang über Reisterrassen gebautes Hotel - „Godavari“ - nimmt uns auf. Zur Begrüßung durch die örtliche Reiseleitung und Vorstellung der beiden einheimischen Guides, sitzen wir erstmals als Gruppe „Kala Pattar II“ am Tisch zusammen und bekommen den ersten von unzähligen Tees gereicht.  Die Mitglieder von „Kala Pattar I“ bevölkern den Nebentisch. Wir erfahren, dass es für uns gleich am nächsten Tag zum Trekking gehen wird, damit die Kala-Pattar-Gruppen mit einem Tag Versatz unterwegs sind. Andere wichtige Informationen sowie grundlegende Verhaltensregeln teilt uns Jürgen mit, ein braungebrannter Berchtesgadener, der örtliche „Boss“ des DAV-Summit-Club. Er übergibt das Wort an einen ausgezeichnet deutsch sprechenden „Doktor“ (den Namen kann ich mir nicht merken), der seinerseits Markantes über Land und Menschen beisteuert.

Ratschläge zum Trekking-Gepäck

 

Nach dieser Einführung geht Ines erstmal schlafen, denn sie hat sich von zu Hause ein Nasennebenhöhlenproblem mitgebracht und seit Tagen starke Kopfschmerzen ... Ich verbringe die Zeit mit Aus- und Umpacken für´s Trekking. Dreizehn Kilogramm Gewichtsbeschränkung pro Person lassen mich einen strengen Maßstab bei der Zusammenstellung der Ausrüstung anlegen. Später werde ich allerdings mit der hoteleigenen Federwaage feststellen, dass wir mit insgesamt etwa einundzwanzig Kilo deutlich unter dem Limit bleiben. Unsere beiden Tagesrucksäcke bringen zusammen sicher auch noch über zehn Kilo auf die Waage. Diese Zahlen hören sich nach wenig Gepäck an - fürwahr ein Trugschluss! Im Nachhinein betrachtet, hatten wir immer noch einiges Überflüssige dabei. Vor allem zu viele kurzärmlige T-Shirts und knappe Shorts. Generell gilt: Wer Angst davor hat, die zwanzig Kilo Fluggepäck oder die dreizehn Kilo für den Sherpa-Rücken zu überschreiten, der möge es halten wie ich: Zu Hause am PC erstellte ich mir eine Checkliste aller Gegenstände mit Excel. In dieser Aufstellung gibt es eine Spalte für das Gewicht. Ich wog alle Gegenstände einzeln oder in Gruppen mit der Haushaltswaage. Excel addierte dann die Zahlen und so war ich Tage vor der Flughafenwaage schon völlig beruhigt. Da summierten sich insgesamt weniger als 32 Kilo für zwei Personen - also deutlich im „grünen Bereich“. Dies hier soll kein Ratgeber werden, dennoch möchte ich noch einen Hinweis weitergeben, der von Trekkingneulingen leicht übersehen wird: Alles, was nicht nass werden darf, gleich ob in der Reisetasche für die Träger oder im eigenen Rucksack, muss wasserdicht in Plastiktüten verpackt sein. Übrigens erleichtert das auch etwas die Suche nach Ausrüstung: Man prägt sich schnell ein, was in welcher Tüte verborgen ist. Natürlich nur, wenn alle Tüten anders aussehen, wozu ich dringend rate.

Hotel Godavari Das Hotel "Godavari" - Luxus zwischen Reisterrassen.

 

Die Packzeremonie ist vollzogen, es zieht mich nach draußen, zu einem Rundgang durch die große, wunderschöne Hotelanlage. Mehrere Ziegelbauten verteilen sich großzügig über einen stark geneigten Hang. In der gepflegten Anlage fehlt es an nichts, was internationalen Hotelstandard begründet, Pool, Tennisplätze, Shop, Bar, Sitzgruppen im Freien, alles vorhanden. Eine Oase der Ruhe und Beschaulichkeit aber auch des Luxus, mitten in bäuerlich geprägter Hügellandschaft. In der Eingangshalle, an der Rezeption wechsele ich Geld. Unschlüssig bin ich über den nötigen Betrag, immerhin muss es für das gesamte Trekking reichen. Die empfohlene Summe von 500 DM pro Person scheint mir dennoch zu hoch. Schließlich erhalte ich für 900 DM ein dickes Bündel von Scheinen, fast 30.000 Rupien sind es, in Scheinen zu je 500,- Rupien.

 

Vor dem Betreten der Eingangshalle hatte ich schon auf benachbartem Rasen eine Gruppe Einheimischer mit allerlei Gerätschaften bemerkt, die man für Foto- oder Filmaufnahmen benötigt. Da entstehen offenbar Werbespots für das nepalesische Fernsehen. Immer wieder neue Einstellungen werden gedreht, wozu die gut gekleideten Akteure sich mit irgendwelchen Chipstüten in der Hand in Positur stellen müssen und auf Kommando das Produkt preisen. Anscheinend repräsentieren sie eine nepalesische Großfamilie, denen nichts im Leben wichtiger ist, als ausgerechnet diesen Tüteninhalt zu verspeisen. Als Kontrast zu den Realitäten dieses Landes, soweit ich sie schon sah, mutet diese „Vorstellung“ doch reichlich bizarr an. Während der endlosen Vorbereitungen und zigfachen Wiederholungen erkunden die jeweils unbeschäftigten Darsteller die Hotelanlage oder sitzen auf den niedrigen Mäuerchen und unterhalten sich. Eines der wirklich hübschen Models läuft an mir vorbei. Sie muss mich als Touristen oder Trekker erkennen, Aussehen und Aufmachung sind unverwechselbar. Dann die Überraschung: Sie schaut mich an, lächelt und ich - ein wenig perplex - lächele zurück. Die Menschen sind ganz offensichtlich anders hier...

Fernsehwerbung in einem Entwicklungsland?

 

Nach Einbruch der Dunkelheit trifft sich die zehnköpfige Gruppe in der Bar zu einem Willkommens-Drink. Ein bisschen reserviert beäugt man sich gegenseitig, während der Kellner einen unbekannten Cocktail serviert. Heribert, 65, pensionierter Gymnasialrektor, zugleich unser „Senior“, Kilimandscharo-erfahren, außerordentlich belesen und durchaus gesprächig, erzählt zuerst von sich und bringt so eine Vorstellungsrunde in Gang. Jeder skizziert sich mit groben Strichen: Beruf, Trekkingerfahrungen, Erwartungen. Daran knüpfen erste Gespräche, die schließlich vom Hunger gekappt werden. Im Speisesaal steht ein üppiges, mit einheimischen Köstlichkeiten gesegnetes Abendbuffet bereit. Vollgestopft und hundemüde falle ich dann so gegen 22 Uhr in totenähnlichen Schlaf.

 

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